Das Schweizer Stammzellenforschungsgesetz Human Life International Schweiz Postfach 1307, CH-6301 Zug |
Stammzellen sind nicht spezialisierte Zellen. Sie haben die Potenz (Fähigkeit), sich in verschiedene Zelltypen (z.B. Herz-, Nerven-, Blut-, Muskel- und Knorpelzellen) zu entwickeln.
Stammzellen sind in der Lage, sich selber zu vermehren
ohne ihre Pluripotenz zu verlieren sowie sich in spezialisierte, organspezifische Zellen auszudifferenzieren.
Man unterscheidet je nach Herkunft zwischen
embryonalen und adulten Stammzellen.
Im Zusammenhang mit der Stammzellproblematik
sind zwei Begriffe wichtig, die im Folgenden erkärt
werden.
Totipotenz: Die Fähigkeit einer Zelle, sich in sämtliche Zellen eines
Gesamtorganismus zu entwickeln. Menschliche Embryonen
verfügen bis ca. zum Achtzellstadium über
totipotente Zellen, die sich jede einzelne als eigenständiges
Individuum entwickeln könnte. Sie haben
die gleiche Fähigkeit wie eine befruchtete Eizelle.
Pluripotenz: Die Fähigkeit einer Zelle, sich in verschiedene
Typen von Zellen zu entwickeln. Embryonale
und adulte Stammzellen sind pluripotent.
Embryonale Stammzellen werden aus Embryos gewonnen, die dabei vernichtet werden:
Herkunft der Embryos:
– aus der In-vitro-Fertilisation; überzählige Embryos,
die nicht zwecks einer Schwangerschaft übertragen wurden
– eigens zu diesem Zweck gezeugte Embryos
durch Samen- und Eizellspende
– durch Klonen (siehe Schema S. 3)
Stammzellen werden auch aus abgetriebenen Feten gewonnen.
Stunde 0 |
nach 16-20 Stunden |
Zeugung: Eine Samenzelle wird mit einer feinen Pipette in die Eizelle injiziert. Die für die Entstehung eine neuen Menschen unabdingbare Voraussetzung ist dadurch erfüllt. |
Vorkernstadium (imprägnierte Eizelle): Nebeneinander liegen die beiden Vorkerne, die je das mütterliche und das väterliche Ergut enthalten. Jeder geborene Mensch hat einmal dieses Stadium durchlaufen. |
nach zwei bis drei Tagen |
nach fünf bis sieben Tagen |
MehrzelligerEmbryo, der in diesem Zustand in die Gebärmutter einer Frau transferiert werden könnte. |
Blastozyste: Der künftige Fötus entwickelt sich aus den inneren Zellen. Diese werden bei der Stammzellengewinnung entnommen und so der Embryo getötet. Auch in diesem Zustand könnte der Embryo noch in die Gebärmutter einer Frau transferiert werden. |
Lagerung der Embryos
In solchen Behältern werden die tiefgefrorenen Embryos und befruchteten Eizellen aufbewahrt. Die Tanks enthalten flüssigen Stickstoff, so dass eine konstante Temperatur von -196°C erreicht wird. Durch das Einfrieren wurden die Embryos einem absurden Schicksal ausgesetzt. In der Schweiz dürfen gemäss FMedG nur sogenannte imprägnierte Eizellen tiefgefroren werden. Das Tiefgefrieren von mehrzellige Embryos ist hingegen, von Notsituationen abgesehen, verboten. Trotzdem werden in der Schweiz bezogen auf die Anzahl der durchgeführten Behandlungen etwa 10 Mal mehr Embryos teifgefroren als in Deutschland unter analogen rechtlichen Verhältnissen. Eines ist klar: Würde sich die Reproduktionsmedizin an die Vorgaben von Verfassung sowie Gesetzen halten und die Behörden ihre Kontrollaufgabe ernst nehmen, gäbe es nicht so viele tiefgefrorene Embryos. |
Adulte Stammzellen können zu einem Zeitpunkt ab der Geburt bis zum Tod entnommen werden. – Knochenmark Für die Gewinnung von adulten Stammzellen muss kein Menschenleben geopfert werden. |
Auch der erwachsene Körper benötigt zur Erneuerung seines Gewebes Stammzellen. Besonders reichhaltig ist das Knochenmark, wobei nach einer künstlichen Stimulation des Knochenmarks auch aus dem normalen Blut Stammzellen gewonnen werden können. Die Entwicklungspotenz von adulten Stammzellen galt bislang gegenüber embryonalen Stammzellen als reduziert. Aber auch sie können mittels Wachstumsfaktoren dazu angeregt werden, sich in spezialisierte Zelltypen zu entwickeln. Stammzellen aus Knochenmark konnten ein Jahr lang vermehrt werden. Sie bewahrten ihre Pluripotenz auch nach 60 Zellteilungen. Solche Eigenschaften wurden bisher nur den embryonalen Stammzellen zugeschrieben. Adulte Stammzellen können u.U. vom Patienten selber entnommen, behandelt und wieder zurücktransplantiert werden. Das ist ein unbestreitbarer Vorteil. Es gibt keine Abstossungsreaktionen, wie wenn etwa embryonale oder fetale Stammzellen verwendet würden. Es sind aber auch – nach entsprechenden Abklärungen – Transplantationen zwischen Verwandten oder nicht verwandten Personen möglich.
In bestimmten Zentren werden bereits Nabelschnurblutbanken
angelegt, die anlässlich der Geburt eines
Kindes entnommen werden. Nabelschnurblut ist reich
an Blutstammzellen und kann in-utero oder nach der
Geburt zugeführt werden. Die Verwendung von Nabelschnurblut,
das eigentlich als «Abfall» bei der Geburt
anfällt, ist ethisch nicht problematisch, sofern wichtige
Grundsätze eingehalten werden. Die Deutsche Bundesärztekammer
hat Richtlinien erlassen, die es nur
erlauben, Nabelschnurblut ab einem Geburtsgewicht
von 1,5 kg zu gewinnen. Weder Mutter noch Kind dürfen
durch die Entnahme gefährdet werden.
Ethisch problematisch ist die in den USA und vereinzelt
auch in der Schweiz praktizierte Entnahme von
Nabelschnurblut anlässlich von Abtreibungen.
Durch medikamentöse Stimulation kann im gesunden
oder kranken Menschen das Knochenmark zu vermehrter
Produktion von Stammzellen angeregt werden.
Diese werden dann in einem Kreislauf aus dem
Blut abgeführt. So können ohne schwerwiegenden
Eingriff beim Spender Blutstammzellen gewonnen
werden, die ähnlich eingesetzt werden wie die herkömmlichen
Transplantationen von Knochenmarkspenden.
Adulte Stammzellen können u.U. vom Patienten selber
entnommen, behandelt und wieder zurücktransplantiert
werden.
Das «therapeutische» Klonen ist ein Zukunftstraum
vieler Forscher. Dabei würde man dem Patienten
Körperzellen (z.B. Hautzellen) entnehmen und den
Zellkern in Eizellen transferieren, denen zuvor die Erbsubstanz
entnommen wurde. Die entstandenen rekonstruierten
Embryonen würden bis ins Blastozyststadium
kultiviert. Danach würde diesen Embryonen
die innere Zellmasse entnommen, um daraus Stammzelllinien
für die Produktion von transplantierbarem
Gewebe herzustellen. Die Embryonen würden somit
eigens hergestellt, um sie wieder zu vernichten. Die
Bezeichnung «therapeutisches Klonen» ist daher irreführend
und verharmlost die Tötung von Embryonen.
Im Vergleich mit adulten Stammzellen weist das
Klonverfahren erhebliche Nachteile auf.
Der Bedarf an Eizellen zur Erzeugung einer einzigen
Stammzelllinie zur Therapie eines Patienten wäre enorm.
Die Gefahr der Instrumentalisierung von Frauen im
Rahmen von Unfruchtbarkeitsbehandlungen sowie von
Eizellspenderinnen ist nicht von der Hand zu weisen.
Während adulte Stammzellen meistens direkt vom
Patienten stammen, sind nach dem Klonverfahren
genetische Veränderungen, die von der sogenannten
«Umprogrammierung» herkommen, zu erwarten. Man
bedenke, dass sich in Tierversuchen lediglich ca. 1%
aller Embryonen bis zur Geburt entwickeln. Die Todesrate
beträgt kurz nach der Geburt rund 50%. Die
Ursache für diese Fehlentwicklung kann sich durchaus
auch auf die erzeugten Stammzellen und dessen Gewebe
negativ auswirken.
Nimmt man diese Nachteile der Klontechnik ernst, dann
ist die Forschung mit adulten Stammzellen vorzuziehen.
Rational ist das Festhalten am «therapeutischen» Klonen
nur erklärbar, wenn die betreffenden Forscher langfristig
doch den Menschen «reproduktiv» klonen wollen.
Dazu könnte dann auf Erfahrungen aus dem «therapeutischen
» Klonen zurückgegriffen werden.
Der Anwendungsbereich für den Einsatz von Stammzellen weitet sich immer mehr aus. Sicher kommen jene Therapien in Frage, die bisher mit Knochenmarktransplantationen abgedeckt wurden. Die Forscher erhoffen sich neue Möglichkeiten für die Behandlung von Parkinson, Alzheimer, multiple Sklerose, Blutkrebs und Immunschwächekrankheiten.
Bemerkenswerte Heilungserfolge wurden in letzter Zeit bei Herzinfarktpatienten mit adulten Stammzellen aus Knochenmark erzielt. Dazu wurden eigene Stammzellen den Patienten zur Erneuerung des Herzgewebes eingespritzt. Weitere Informationen dazu finden sie hier.
Mit adulten Stammzellen aus Knochenmark und
Nabelschnurblut sind schon viele Patienten von
schweren Krankheiten (z.B. Leukämie) geheilt worden.
Von solchen Resultaten ist die Forschung an embryonalen
Stammzellen und erst recht jene, die auf Klontechniken
basieren, noch weit entfernt. Als Nachteil
der embryonalen Stammzellen gelten die Abstossungsreaktionen
und die mögliche Neigung der
Stammzellen zur Tumorbildung. Nach «therapeutischem» Klonen würde man zwar keine Abstossungsreaktionen
erwarten, hingegen dürfte aufgrund des
Klonverfahrens das Verhalten solcher Stammzellen
wegen vielen genetischen Fehlern nur schwer abschätzbar
sein.
Arbeitsgruppe Bioethik der Schweizer Bischofskonferenz
Stellungnahme vom Okt. 2004: Die Forschung mit embryonalen Stammzellen ist ethisch nicht akzeptabel (pdf, 311 KB)Päpstliche Akademie für das Leben: Erklärung über die Herstellung sowie die wissenschaftliche und therapeutische Verwendung von menschlichen embryonalen Stammzellen (25. Aug. 2000)